Mittwoch, 2. August 2017

Nachhaltigkeit einfach erklärt


Der Begriff  der Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren immer häufiger zu hören – gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels und steigender globaler Herausforderungen. Doch was bedeutet es eigentlich nachhaltig zu handeln? Warum ist Nachhaltigkeit heute so wichtig? Wir schaffen Klarheit über einen abstrakten Begriff und zeigen am Beispiel von Nipe Tumaini, wie Nachhaltigkeit ganz praktisch aussehen kann.


 

Was ist Nachhaltigkeit? Definition eines abstrakten Begriffs


Sowohl in der Wissenschaft als auch im gesellschaftlichen Diskurs lässt sich bisher noch keine einheitliche Begriffserklärung herauslesen. Nachhaltigkeit bewegt sich je nach Interessenslage irgendwo im Schnittpunkt zwischen wirtschaftlichen, sozialen und ökonomischen Themen. Je nachdem, in welche Richtung man sich bewegt, verschieben sich die Schwerpunkte. Im Folgenden ein kurzer Überblick über drei Bedeutungsansätze der Nachhaltigkeit:


Zeitliche Dimension der Nachhaltigkeit


Nachhaltigkeit in zeitlicher Dimension berührt uns wohl am meisten, wenn wir an unsere Kinder und Kindeskinder denken. Wie wollen wir ihnen einmal unsere Erde hinterlassen? Welche Auswirkungen hat unser Lebensstil heute auf die, die einmal nach uns leben werden? Nachhaltigkeit verbindet also die Gegenwart mit der Zukunft, versucht Lösungsansätze zwischen den Bedürfnissen heutiger und zukünftiger Generationen zu suchen. Dass hier noch großer Handlungsbedarf ist, macht der Welterschöpfungstag 2017 deutlich, den der WWF in den letzten Tagen ausgerufen hat: Schon ab dem 02. August habe die Menschheit bereits alle ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen verbraucht. Neben Ländern wie USA, Australien und Russland lebe auch Deutschland im Verhältnis mit aktuell 3,1 verbrauchten Erden deutlich zu stark auf Kosten zukünftiger Generationen.


Sozialwirtschaftliche Dimension der Nachhaltigkeit


Vor diesem Hintergrund muss sich auch der größte Ressourcenschlucker, die Industrie und Unternehmen, mit der eigenen Nachhaltigkeit auseinandersetzen – nicht zuletzt auch darum, weil die Öffentlichkeit dies immer stärker einfordert. Nachhaltigkeitsthemen werden demnach immer wichtiger innerhalb der Unternehmenskommunikation. Neben ökologischen Maßnahmen in der Herstellung von Produkten und Dienstleistungen nimmt daher die soziale Verantwortung von Unternehmen für die Allgemeinheit eine wichtige Rolle ein. In den letzten Jahren sind daher Begriffe wie CSR (Corporate Social Responsibility bzw. Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung) oder Soziales Unternehmertum entstanden. Jedoch drücken beide Begriffe einen Unterschied im Handlungsverständnis von Unternehmen aus: Während die CSR-Strategie oft betriebswirtschaftlichen Zielen wie z. B. der Gewinnmaximierung oder Kostensenkungen unterstellt ist, versuchen Sozialunternehmen ihre Gewinne in den Dienst gesellschaftsfördernder Maßnahmen zu stellen.


Nachhaltige Entwicklung: Langfristiges Überleben sichern


Egal ob Unternehmen, Sozialunternehmen oder NGO – unabhängig von Beweggründen und Motiven muss sich jede Organisation die Frage stellen, ob und wie sie ihren Zielen langfristig nachkommen kann. Nachhaltiges Handeln kann man demnach nicht an bestimmte Ziele (ökologisch, ökonomisch oder sozial) festmachen, sondern eher an der Entwicklung von Strategien und Strukturen, die den eigenen Fortbestand zu sichern. Je unterschiedlicher die Ziele sind, desto schwieriger wird es für Organisationen, diese Ziele miteinander in Einklang zu bringen. So können ökologische oder soziale Ziele durchaus die Einhaltung ökonomischer Ziele gefährden oder umgekehrt. Die größte Herausforderung ist es wohl, Nachhaltigkeit in allen drei Richtungen gleichermaßen zu sehen und in Einklang zu bringen.


Nipe Tumaini: Hoffnung nachhaltig schenken


Nachdem wir den Begriff der Nachhaltigkeit grob umrissen haben, möchten wir nun im zweiten Teil dieses Beitrags zeigen, wie Nachhaltigkeit ganz praktisch aussehen kann. Nipe Tumaini ist ein gemeinnütziges Projekt, das sich komplett gesellschaftsfördernden Zielen verschrieben hat. Folglich wird auch das Thema Nachhaltigkeit vor allem unter diesem Gesichtspunkt betrachtet – nichtsdestotrotz werden wir erkennen, dass man dabei ökonomische und ökologische Aspekte nicht komplett außen vor lassen kann.

Nipe Tumaini beheimatet Waisen und vernachlässigte Kindern in Kenia. Zurzeit sind es elf Kinder im Alter zwischen zwei und neun Jahren. Das Projekt bietet ihnen alles, was sie für ein gesundes und glückliches Aufwachsen benötigen: ein liebevolles Zuhause, eine ausgewogene Ernährung, gesundheitliche Versorgung und Schulbildung. Die Kinder sollen zu starken Persönlichkeiten heranwachsen, damit sie in Zukunft einmal ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben führen können.
„Wir glauben, dass Nachhaltigkeit der Weg zum Erfolg ist. Für jedes Projekt, für jede Organisation“, ist Benson Mungai, Leiter von Nipe Tumaini, überzeugt. Im Folgenden stellen wir drei Ansätze vor, wie Benson dies ganz pratkisch umsetzt.


Wirtschaftliche Unabhängigkeit durch Landwirtschaft


Etwa vier Fußballfelder groß ist die kleine Landwirtschaft von Benson Mungai, dem Leiter von Nipe Tumaini. Das eigens angebaute Obst und Gemüse bietet den Kindern und Mitarbeitern des Projekts eine ausgewogene Ernährung, zum anderen gewährleistet es wirtschaftliche Vorteile: Weniger Nahrungsmittel müssen gekauft werden. Das folgende Video stellt die Landwirtschaft näher vor:




„Wir möchten uns so weit wie möglich selbst versorgen“. Benson Mungai, Leiter von Nipe Tumaini sieht in der Landwirtschaft den wesentlichen Schlüssel zur Nachhaltigkeit seines Projekts.


Außerdem soll die Landwirtschaft auch einen positiven Einfluss auf die Community haben. Das kenianische Rift Valley-Gebiet, in dem Nipe Tumaini liegt, ist fruchtbar und es ist das ganze Jahr über sehr warm und trocken. Allerdings regnet es nur an wenigen Monaten im Jahr. Künstliche Bewässerung und eine kluge Planung der Fruchtfolge müssen entsprechend vorgenommen werden. Die Farm von Nipe Tumaini soll den Nachbarn als Vorbild dienen, um in einer semariden Umgebung zu überleben. Natürlich müssen auch hier wirtschaftliche Überlegungen hinzugezogen werden: Wie viel kostet das Wasser für die Bewässerung der Pflanzen? Fallen hohe Ausgaben für Saatgut und Düngemittel an?
Auch wenn Nipe Tumaini kein Wirtschaftsunternehmen mit entsprechender Gewinnorientierung ist, so ist es nur nachhaltig, wo Kosten die Erlöse (in welcher Form auch immer) zumindest nicht übersteigen.


Nachhaltig ist das Projekt zudem auch erst dann, wenn die Landwirtschaft ökologische Gesichtspunkte mit einfließen lässt: Gewährleistet die Bewirtschaftung und Pflege des Bodens auch in Zukunft noch eine landwirtschaftliche Nutzung? Müssen umweltschädigende Pestizide zur Bekämpfung von Schädlingen eingesetzt werden? Man merkt also auch hier, dass man Nachhaltigkeit oft nur ganzheitlich und interdisziplinär sehen kann.


Solarstrom: Umweltfreundliche Energieversorgung


Dieses Beispiel zeigt, wie nachhaltiges Handeln auch aus der Not oder einem Mangel heraus wachsen kann. Nipe Tumaini liegt in einer Umgebung, die bisher noch vom öffentlichen Stromnetz ausgeschlossen ist. Um dennoch mit genügend Strom versorgt zu werden, wurde auf dem Dach des Wohngebäudes Solar-Panels aufgestellt. So können zumindest die wichtigsten Haushaltsgeräte und Lampen mit ausreichend Elektrizität versorgt werden. Laufende Stromkosten entfallen und gleichzeitig wird eine saubere Energieversorgung gewährleistet. Auch hier hat das Projekt einen positiven Einfluss auf die Nachbarschaft: Immer wieder kommen Menschen aus der Umgebung vorbei, um ihre Handys aufzuladen. Auch in Kenia erfüllen Mobiltelefone im öfter wichtige Funktionen im Alltag: Bezahlungen werden immer häufiger über digitale Credits (Link mpesa) über das Smartphone vorgenommen und gerade in entlegenen Regionen ist ein einsatzbereites Telefon bei Notfällen oft überlebenswichtig. 


Bildung: nachhaltiger Einfluss auf die Nachbarschaft


Wie bereits weiter oben beschrieben, sensibilisiert Nachhaltigkeit für zeitliche Dimensionen: Welchen Einfluss hat unser Handeln oder Nichthandeln auf die Umstände in der Zukunft? Bildung ist wohl zunächst eine der unrentabelsten Investitionen. Jahrelang steckt man Zeit und Geld in die Ausbildung von Kindern, ohne dass man davon profitiert. Gerade in einem Land wie Kenia, in dem Kinder für die Ärmsten der Armen wichtige Arbeitskräfte sind. Und dennoch: Ohne Bildung wird man auch in Kenia wenig Chancen auf eine gute Zukunft haben. Auch wenn sie viele Jahre in Anspruch nimmt, so ist sie unerlässlich für ein selbstbestimmtes Leben. Darum haben wir im Januar dieses Jahres eine Grundschule eröffnet – nicht nur für unsere eigenen Kinder, sondern auch für die Kinder aus der Nachbarschaft. Hier zeigt sich eine Seite der Nachhaltigkeit, die wirtschaftliche und ökologische und selbsterhaltende Ziele komplett außen vor lässt und stattdessen die nachhaltige Entwicklung von einzelnen Menschen und im weiteren Sinne die Verbesserung der Gesellschaft im Blick hat.


Was kann ich tun?


Veränderungen, in welcher Form auch immer, geschehen oft nicht von jetzt auf gleich. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass unser Handeln oder Nichthandeln von heute Einfluss auf das Morgen hat. Das Beispiel von Nipe Tumaini zeigt, dass Nachhaltigkeit ein klar definiertes Ziel benötigt, um mit vielen kleinen Schritten und Bausteinen eine solide Erfolgsgrundlage zu schaffen. Genauso braucht man viele Leute, die viele kleine Schritte gehen, um die großen Herausforderungen der heutigen Zeit anzugehen. Vielleicht hat dich ja unsere Arbeit angesprochen und du kannst dich mit unserem Ziel identifizieren? Dann freuen wir uns immer über Unterstützung, gerade weil wir unsere soziale Nachhaltigkeit immer der wirtschaftlichen bevorzugen. Unabhängig davon freuen wir uns, wenn dieser Beitrag ein wenig Leben in einen bisher eher starr anmutenden Begriff eingehaucht hat. Genial wäre es, wenn du diesen Beitrag teilst und so eine Diskussion zu diesem sehr wichtigen Thema entstünde.




 





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