Donnerstag, 28. Juli 2016

Von Autos im Allgemeinen und Landcruisern im Speziellen

Mit den Autos in Kenia ist das so eine Sache. Bei unserer letzten Safari konnten wir einen erschwinglichen Toyota Kleinbus ergattern, solange es nicht regnete war dieses Auto durchaus brauchbar. Dieses mal hatte ich mir gedacht, muss etwas besseres her, ein Landcruiser für stolze 75€ am Tag. Diese Geländewagen sind hier so ziemlich das Beste was man bekommen kann, also freute ich mich schon richtig, dass wir dieses mal mit einem ordentlichen Auto unterwegs sein würden. Als wir dann vom Flughafen abgeholt wurden, stand das gute Stück vor uns und sah auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus. Die erste Ernüchterung kam dann erst nach dem Einsteigen. Anschnallgurte? Ja, nur ob man die benutzen sollte? Lieber nicht, denn im Falle des Falles würde man sich damit wohl eher strangulieren als eine Verletzung zu vermeiden. Wir passten uns also schnell an die Gewohnheit hier an, die defekten Anschnallgurte nur kurz vor Policechecks anzulegen, was wiederum den Nachteil hat, dass wenn man doch mal vom Sitz abhebt, was vor allem in der letzten Reihe durchaus vorkommen kann, man tierisch aufpassen muss, dass man nicht mit dem Kopf an den nachträglich eingebauten Überrollkäfig knallt. Bei einem Überschlag würde also die Kiste relativ stabil bleiben, nur den Insassen würde das wohl wenig helfen. Egal, auch damit hat man sich schnell abgefunden.
Als wir dann zum ersten mal auf den Markt fuhren stellten wir fest: Unser Auto lässt sich ja gar nicht abschließen. Der Besitzer hatte uns den falschen Schlüssel mitgegeben. Anstatt dass wir diesen aus Nairobi holen gingen, meinte der Besitzer, wir sollen doch einfach neue Schlösser einbauen lassen, er würde das dann vom Mietpreis abziehen, ja warum auch nicht?
Das Auto erbrachte dann auch eine Woche lang das, was man von ihm erwarten kann, es brachte uns mit seiner gemütlichen 6 Zylinder Maschine und gefühlten 100 PS bei 3 Tonnen Gewicht, zuverlässig von A nach B. Kein Schlagloch und kein Policecheck konnten uns aufhalten.
Am Tag vor unserer Abfahrt von Nipe Tumaini begann der Landcruiser dann zum ersten mal ernsthaft Zicken zu machen: der Bremsdruck ließ nach. Eigentlich wollten wir am nächsten morgen früh in Richtung Masai Mara aufbrechen, aber so mussten wir erst mal den nächten Workshop in der Stadt ansteuern, Bremsflüssigkeit nachfüllen und die Bremsen neu einstellen lassen. Dazu muss man hier übrigens nicht aus dem Auto aussteigen, es wird einfach am Staßenrand aufgebockt und alle Jungs von der Werkstatt klopfen gleichzeitig mit abenteuerlichen Werkzeugen unterm Auto rum. Die Bremsflüssigkeit, muss man selbst beim Laden nebenan besorgen, die ist dann auch das teuerste an der ganzen Reperatur. Für 10€ sind wir dabei und fahren frohen Mutes weiter. Nur irgendwie beschleunigt die Karre nicht nicht mehr so richtig, also halten wir lieber mal an und sehen auch schon, dass die Bremse rechts vorne ordentlich qualmt. Da haben die Jungs die Bremsen wohl etwas zu eng eingestellt. Also anrufen und warten, warten, warten bis einer der Jungs mit dem Taxi hinterherfährt, die Bremse neu justiert und weiter geht's in Richtung Nationalpark.
Nach 2 Stunden auf Asphalt folgen noch zwei Stunden auf Waschbrettschotter, der das Auto so dermaßen durchrüttelt, dass man befürchten muss es zerfällt gleich in sämtliche Einzelteile. Doch der Toyota hält und bringt uns bis ans Gate der Mara. Dort angekommen wollen die Ranger entweder Dollar haben, oder Kenia Shilling zu einem misserablen Umrechnungskurs. Wir haben nur Shilling, sämtliche Kreditkarten funktionieren nicht, also blieb nur so lange hart zu bleiben, bis der Umrechnungskurs dann plötzlich doch ein drittel günstiger wird. Geduld zahlt sich hier immer aus!
Das Auto steht so lange vor dem Gate und als wir zurück kommen hat sich hinten links eine Pfütze gebildet. Bremsflüssigkeit was sonst. Weiterfahren in den Park ausgeschlossen. Also zurück ins nächste Center und zu den Jungs die sich hier im Busch Mechaniker schimpfen. Mehr mit Gewalt als mit Geschick zerlegen sie die komplette Bremse und stellen fest, dass eine Dichtung leckt. Dichtungsband drüber gewickelt und wieder zusamnen bauen und weiter geht die Fahrt in den grandiosen Nationalpark zu unserem Camp.
Weit sollten wir nicht kommen. Plötzlich senkt sich unser Auto hinten ab und wir kommen abprupt zum Stillstand. Das rechte Hinterrad überholt uns und rollt vor uns in den Graben. Um uns eine Herde Gnus, die uns verdutzt anschauen. Wir sitzen schockiert im Auto, keiner sagt etwas, der Motor läuft noch immer. "What a terrible Safari" entfährt es es einem von uns. Die " Mechaniker" hatten vergessen die Achse wieder festzuziehen. In Deutschland würde man für solch eine Nachlässigkeit wohl in den Knast wandern, hier sucht man sich das nächste mal einen Mechaniker mit besserem Ruf.
Wir beten für Weisheit was wir jetzt tun sollen, Safarieautos kommen uns entgegen. Alle Fahrer fragen ob wir OK sind, doch helfen kann uns zuerst keiner, denn ihre Autos sind voll. Doch dann treffen wir einen hilfsbereiten Fahrer der alle Hebel in Bewegung setzt uns zu helfen. Er bringt seine Gäste in ihr Camp und kommt dann zu uns zurück und holt uns ab. Inzwischen haben wir uns vom ersten Schock erholt, es ist dunkel geworden und wir sind froh das es so hilfsbereite Leute hier gibt und uns nichts passiert ist. Wir stellen fest das es auch Landcruiser in gutem Zustand gibt und heizen mit einem Affenzahn durch aufgescheuchte Gnuherden in die dunkle Nacht.
In unserem Camp werden wir 'Herzlich Willkommen' geheißen. Unser Fahrer möchte noch nicht mal Geld, wir geben ihm trotzdem etwas fürs Benzin, währenddessen steht unser Auto einsam in der Mara, ohne Hinterrad.
Am nächsten morgen stehen wir früh auf, wir organisieren ein Auto mit dem die Mädels und HP in den Park fahren während Benson und ich einen Mechaniker aufsuchen, "den Besten" wie uns versichert wird und mit einem uralten, wie sollte es anders sein "Landcruiser" fahren wir in den Park zu unserem Auto. Diese Version stammt wohl noch aus Kolonialzeiten. Bevor wir losfahren, müssen wir erst noch tanken, denn hier wird immer nur so viel getankt wie man für die anstehende Fahrt braucht. Am Auto angekommen stellt der Mechaniker schnell fest, das die Achse und das Kugellager kaputt sind und eine Reparatur unmöglich ist. Während dessen tropft es bedenklich aus unserem antiken Servicefahrzeug. Ich sage zunächst mal nichts und warte bis es der Mechaniker selbst bemerkt. Der Kühler ist undicht und schon komplett ausgelaufen, mitten in der trockenen Steppe. Die Jungs bekommen einen Lift zum Gate und ich bleibe bei den Autos und döse vor mich hin. Stunden vergehen in denen ich Zeit habe über die Art und Weise nachzudenken, wie man solche Probleme hier löst. Gedanklich entwerfe ich Buisnesspläne für eine Werkstatt am Gate, während eine Herde Büffel mich besuchen kommt und ich vorsichtshalber mal die Türe schließe. Ich vertreibe mir die Zeit indem ich diesen ungewöhnlichen Tag mit meiner Actioncam festhalte und übe mich in Geduld. Über mir kreisen schon die Geier, ohne Scherz!
Irgendwann schlafe ich ein und wache erst wieder auf als die Jungs mit einer kaugummiartigen Paste wieder kommen und den Kühler damit flicken. Wir kippen mein Trinkwasser in den Kühler und fahren schnell los, doch das Wasser ist nicht genug und der Kühler tropft noch immer. Wir halten an einem Tümpel, der Mechaniker verscheucht die Gnus, die hier trinken und füllt die geschöpfte Dreckbrühe in den Antiken Radiator des Landcruiseres. Wir fahren weiter, doch nach 500 m ist entgültig Schluss. Wir stellen die Kiste an den Straßenrand und warten bis uns jemand mitnimmt. Dieses mal müssen wir nicht lange warten. Ein freundlicher Massai nimmt uns in seinem nagelneuen Landcruiser mit und will noch nicht mal Geld dafür haben. Ziemlich KO erreichen wir unser Camp und bestellen uns erst einmal eine Soda. Unsere zwei, genau Landcruiser heißen die Kisten, stehen noch immer in der Mara, einer ohne Hinterrad der andere mit nem kaputten Kühler...

1 Kommentar:

  1. Oh man, was für eine Tortur. Da wünscht man sich manches mal, selbst KFZ-Mechaniker geworden zu sein, um sich selbst helfen zu können... Aber toll, dass es dort so hilfsbereite und selbstlose Leute gibt, die euch geholfen haben! Hauptsache ihr müsst nicht weiterhin 75 Euro pro Tag bezahlen, obwohl der Landcruiser ja nicht mehr funktionstüchtig ist. Viel Glück bei den nächsten Landcruisern! ;)

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